Weihnachtsgeschenk oder Tischbombe?
Ausgerechnet kurz vor Weihnachten wurden in Bern die Verträge zu den Bilateralen III-Abkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union unterzeichnet. Pharma-Prinzessin Ursula von der Leyen reiste persönlich zwischen zwei Apéros nach Bern, um Viola Amherd die Hand dafür zu schütteln. Ob der Termin an Weihnachten bewusst gewählt wurde oder einfach ein diplomatischer Zufall war, ist schwierig zu sagen, der Inhalt der Vertragsvereinbarungen wird jedoch noch viel zu reden geben. Die Verträge sehen nämlich vor, dass die Schweiz sich in höchster Instanz der Europäischen Rechtsprechung unterwirft. Dies ist buchstäblich zu verstehen, denn wenn bei gewissen Geschäftstätigkeiten oder juristischen Entscheiden Uneinigkeit herrschen sollte, wird in jedem Fall der Europäische Gerichtshof EuGH über die Sache entscheiden. Dazu wird die Schweiz einen jährlichen Kohäsionsbeitrag von 350 Mio. Franken an die EU überweisen.
Die grossen Wirtschaftsverbände Economiesuisse und Swissmem haben stark für die Bilateralen III-Verträge geweibelt, für sie gehören die grossen Deals mit der EU nicht nur zur ökonomischen DNA, sie versprechen sich auch hohe Profite von einer barrierefreien Handelsunion. Doch sind die Verträge auch für den einfachen Arbeiter von Vorteil? Dies darf tatsächlich bezweifelt werden. Der Schutz der eigenen Bevölkerung vor billiger Arbeitskonkurrenz verliert drastisch an Effektivität. Ebenfalls steht die Preisgabe der juristischen Souveränität in einer Reihe von Faux-pas, mit welchen die Regierenden in den letzten Jahren nicht gerade ihre geopolitische Vernunft bewiesen haben. Offensichtlich ist man sich der Gefahr von Abhängigkeiten im Chalet fédéral wirklich nicht bewusst, oder findet das alles ganz toll.
Das letzte Wort ist in der Sache aber längst noch nicht gesprochen, denn es folgt die Traktandierung der Verträge im Parlament und später das Volksreferendum. Nicht umsonst hat, neben der SVP, auch der Schweizerische Gewerkschaftsbund seine entschiedene Opposition gegen das Vertragswerk angekündigt. Es steht uns also ein Kampf von Rechts und Links gegen die harmoniebedürftige Mitte bevor. Hauptsache Viola Amherd konnte sich schön in Szene setzen.
Wer die Kompass-Initiative noch einmal lesen oder unterschreiben will, kann dies hier tun.